Dienstag, 18. Juni 2013

Von Hitzewellen, Rechtsproblemen und wüsten Drohungen

Wer kommt wohl auf die Idee, einen Gerichtstermin um 10.30 Uhr anzuberaumen? Ich sehe natürlich ein, daß es manchmal nicht anders geht, wenn man einen Fortsetzungstermin irgendwo dazwischen schieben muß, aber es ist sehr unschön, was den Arbeitsablauf angeht. Etwas richtig großes kann man nicht anfangen, weil man letztlich immer die Uhr im Hinterkopf hat, also macht man so dies und das und wartet eigentlich nur, daß man endlich losfahren kann. Und heute verfranze ich mich auch noch beinahe im dies und das, lese hier ein wenig, recherchiere dort ein bißchen, als ich feststelle, daß ich mich vielleicht so langsam mal auf den Weg machen sollte.

Es gibt heute die Fortsetzung des Uhrenhändlers oder vielmehr Nicht-Uhrenhändlers, denn das waren ja alles nur private Gefälligkeiten. Zwischenzeitlich hat er eine Liste mit 25 Namen vorgelegt, alles Menschen die ihm Uhren zum Verkauf gegeben werden, ein größerer Teil davon einschlägig bekannt aus dem heimischen Rotlicht-Milieu, na da freue ich mich doch schon so richtig, die endlich alle kennenzulernen. Aber für heute ist noch keiner geladen. Mit im -sehr kleinen- Gerichtssaal 13 hoffnungsfrohe Anwärter der Finanzbehörde, ich fühle mich sofort in meine Vergangenheit versetzt, draußen ist es warm, drinnen warm und stickig, und mir fällt wieder ein, was doch dieses Problem mit der Robe im Sommer war: man wird so ganz langsam auf kleiner Flamme geköchelt. Ich notiere kurzärmelige Blusen auf meiner mentalen Einkaufsliste.

Der Richter und ich besprechen kurz das weitere Vorgehen, er hat sich eine sehr schöne Lösung des Problems überlegt, und wir denken schon über die Höhe der Einzelstrafen nach, den Teil, für den wir die Listen-Menschen bräuchten einstellen, den anderen Teil verurteilen, hört sich super an. Der Angeklagte und Rechtsanwalt Man-muß-schon-sehr-genau-hinhören erzählen noch ein paar wirre Geschichten, bevor sie den Vorschlag unterbreitet bekommen und sich zur Besprechung nach draußen verziehen. Als sie wieder erscheinen, ist ihnen unglücklicherweise eine weitere Vorschrift eingefallen, die sie uns um die Ohren hauen, und es tritt eine gewisse Ratlosigkeit ein, die schon daraus herrührt, daß niemand den entsprechenden Gesetzestext zur Hand hat. Wildes Befragen von Tante G**gle setzt ein, leider ist der Text mehr als auslegungsbedürftig, aber immerhin nicht völlig abwegig.

Also eine neue Fortsetzung in zwei Wochen, bis zu der wir uns alle mit den Feinheiten der Differenzbesteuerung befassen dürfen, wie schön. Der Richter stellt außerdem fest, daß wir, wenn diese zutreffen sollte, uns wohl auch für diesen Teil durch die Liste kämpfen müßten, woraufhin ich feststelle, daß ich in dem Fall einer Einstellung der anderen Teile nicht mehr zustimmen würde. Echt mal, wenn wir die alle eh befragen müssen, krieg ich ihn auch ganz ran.

Als ich den Saal verlassen will, höre ich den Richter noch vor sich hinmotzen, was das doch für ein blöder Fall wäre und warum er und ich immer nur solche Sachen hätten und daß er nie wieder etwas mit mir terminieren würde. Ich weise ihn nur grinsend darauf hin, daß er das niemals durchziehen würde, weil es ihm viel zu viel Spaß machen würde, mit mir zu verhandeln. Und während er noch zweifelnd drein schaut, winke ich und sage fröhlich "Bis Montag", da ist nämlich schon unser nächster Fall dran. Ich glaube, er ist ein wenig blaß um die Nase geworden. Und ich überlege, wer von uns beiden jetzt eigentlich gedroht hat ;-).

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