Donnerstag, 13. Juni 2013

Es hätte die Krönung sein können...

Die Krönung eines Gerichtstages meine ich natürlich. Es liegt an: Steuerrecht, ohnehin schon immer ein Highlight, wenn man es vom Intellekt her betrachtet. Dazu Jugendgericht, Märchenstunde hurra. Ein nichtsahnender Jugendrichter, der üblicherweise von Steuerrecht nicht die geringste Ahnung hat und der einem aus der Hand frißt, wenn man mal ganz nebenbei ein paar Floskeln wie "Man muß schließlich auch die Auswirkungen des Progressionsvorbehaltes beachten" oder "Ein Vorsteuerabzug bei von Nicht-Unternehmern ausgestellten Rechnungen ist nun einmal nicht möglich" fallen läßt. Und um allen die Krone aufzusetzen, ist der Angeklagte auch noch Schrotthändler! Meine geneigten Leser können sich meine Begeisterung sicherlich vorstellen, mit der ich mich an diesem Morgen auf den Weg mache. Aber wie so oft kommt alles ganz anders...

Es soll wieder einmal in das nördliche Amtsgericht -das ohne Cappuccino, wie ich nicht müde werde zu betonen- gehen, und ich mache mich rechtzeitig auf den Weg. Es schüttet wie aus Eimern, aber ich bin trotzdem etwa 20 Minuten vor Beginn des Termins -wir erinnern uns an meinen bereits erwähnten irritierenden Hang zur Überpünktlichkeit- beim Gericht. Etwa noch einmal so lange benötige ich, um einen Parkplatz zu finden, nachdem ich feststelle, daß aufgrund von vermutlich dringend notwendigen Baumaßnahmen rings um das Gericht beinahe sämtliche dort vorhandenen Parkplätze gesperrt sind. Auch die umliegenden Straßen befinden sich weitgehend in einem Zustand der Bebauung oder auch der Sperrung.

Die Suche führt mich nicht nur durch die Fußgängerzone, sondern auch am Hafen vorbei und durch allerlei verträumte kleine Seitenstraßen, deren Bekanntschaft ich unter normalen Umständen vermutlich niemals gemacht hätte. Schließlich parke ich irgendwo und haste los, meinen Aktenkoffer hinter mir her zerrend. Erwähnte ich schon, daß es wie aus Eimern schüttet? Ich habe zwar gestern "Titanic" gesehen, aber ich kann mich nicht erinnern, beim Universum den Wunsch, ebenso naß zu werden, geäußert zu haben. Ein wenig Adrenalin zur Aufmunterung soll ja aber morgens recht gesund sein, darum beschwere ich mich nicht. Jedenfalls sehe ich auf einem Hügel ein Gebäude, das wie das Gericht aussieht und sich aus der Nähe als ein sehr schönes Museum entpuppt. Nun ja, vielleicht ein anderes Mal. Immerhin ist das Gericht fast daneben, der architektonischen Phantasie waren hier offenbar Grenzen gesetzt. Der Aufgang ist allerdings aufgrund der Bauarbeiten ebenfalls gesperrt, aber auf den kleinen Umweg kommt es nun auch nicht mehr an.

Ich wetze in den Gerichtssaal, wobei ich das dunkle Gefühl habe, daß ein Pförtner mich aufhalten wollte, aber aufgrund meiner Geschwindigkeit nicht hinterher gekommen ist, und entschuldige mich wortreich bei der Richterin. Moment, wieso eigentlich Richterin? Die letzten Beschlüsse waren doch eindeutig von einem männlichen Vertreter seiner Zunft unterschrieben worden. Na ja, ein Dezernatswechsel kann ja mal vorkommen, nachdem die Sache 1,5 Jahre dort herumgelegen hat. Während mein Adrenalin sich langsam auf den Weg zurück in den Keller macht, stelle ich außerdem fest, daß der Angeklagte es nicht für nötig befunden hat zu erscheinen...

Die Richterin sieht ein wenig verzweifelt aus. Ich nehme an, sie fürchtet, noch öfter mit diesem Fall befaßt zu werden. Wir überlegen, was wir tun sollen. Eigentlich ist der Erlaß eines Strafbefehls bei Nicht-Erscheinen des Angeklagten im Jugendverfahren nicht möglich (soweit dann die heutige Lehrstunde), es sei denn -es lebe die Ausnahme-, man kann Erwachsenenstrafrecht anwenden. Ich überzeuge die Richterin, daß jemand, der einen Schrotthandel betreibt, auf jeden Fall wie ein erwachsener Unternehmer anzusehen ist (aber ich bin in der Hinsicht auch radikal und befürworte die Einführung eines Sonderstrafrechts für Schrotthändler). Sie ziert sich zwar ein bißchen und meint, daß er ja wahrscheinlich ohnehin nur zum Schein diese Firma hätte, aber schließlich einigen wir uns. Während wir noch die vorgeschriebene Wartezeit absitzen, fragt sie mich ein wenig mißtrauisch, ob ich mich nur mit solchen Dingen wie Steuerrecht befasse. Vielleicht hätte ich noch mit Zollrecht auftrumpfen sollen, um sie vollends aus der Fassung zu bringen ;-).

Nachdem das erledigt ist, mache ich mich auf die Suche nach meinem Auto. Erwähnte ich schon, daß es wie aus Eimern schüttet? Die Rückfahrt ist weitgehend ereignislos. Zur Abwechslung schüttet es dann mal wie aus Eimern, und zur Sicherheit gibt es ein bißchen Aquaplaning, aber solche Kleinigkeiten können Frau Spock ja nun wirklich nicht aus dem Konzept bringen. Erstaunlicherweise finde ich hier sofort einen Parkplatz, und der Weg ins Büro führt mich sogar an der Möglichkeit vorbei, mir einen Kaffee zu holen. Erwähnte ich schon, daß es wie aus Eimern...Ja vermutlich habe ich das. Im Büro stelle ich fest, daß mein Aktenkoffer weitgehend wasserdicht ist, ich bin es allerdings nicht...ab sofort sollte ich hier vielleicht Handtücher einlagern.

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