Dienstag, 25. Juni 2013

Die heutige Bilanz

Eigentlich war ich ja versucht, mal eine Geschichte aus meiner Jugendzeit zum besten zu geben (wollte nicht die liebe Frau K. immer noch mal hören, was seinerzeit auf der Klassenfahrt passierte?), aber der Möglichkeit einer Bilanz kann ich natürlich keinesfalls widerstehen. Und an der Zeit dafür ist es auch mal wieder.
  • Frühdienst des Mannes, also Morgenwahnsinn alleine mit den Kindern. Entweder werden sie tatsächlich größer, oder ich bin langsam abgebrüht genug, jedenfalls kommt es mir seltsam ruhig vor. Versüßt im übrigen von der Anmerkung der Mittleren, es wäre ja auch mal nett, mit mir alleine zu frühstücken. Danke, liebes Kind. Und wieso eigentlich "mal"? Passiert das nicht etwa dreimal die Woche?
  • Auf ins Büro mit der Aussicht, heute lange und ungestört arbeiten zu können. Ich sondiere meine Aktenstapel, lege mir alles bereit, sortiere ein wenig hier und da und habe mich gerade an die erste Verfügung gemacht, als das Telefon klingelt. Nein, nicht meine Nemesis, sondern der Kindergarten. Kind klein wäre krank, und ich möchte ihn bitte abholen. Wieso krank? Und wieso jetzt? Und was mach ich nun?
  • Also rumtelefonieren. Mann hat eine unwahrscheinlich wichtige Besprechung, gegen die ich mit meinen weit weniger wichtigen Akten offenbar verliere. Also dem lieben Abteilungsleiter Bescheid gesagt, daß ich später wiederkommen würde. Er mufft ein wenig und fragt, was denn eigentlich mit Fall X, Fall Y und Fall XYZ wäre. Nun ja, momentan ist mit denen offenbar nicht viel, es sei denn, er möchte, daß ich sie Kind klein zur Bearbeitung übergebe, was zweifellos eine weitaus schnellere Erledigung zur Folge hätte, als ich es zu leisten vermag.
  • Im Kindergarten kommt mir ein vergnügtes Kind klein sichtlich erstaunt entgegen. Offenbar hat er die magische Schwelle von dreimal husten in einer halben Stunde überschritten oder was auch immer ihm für eine Krankheit angedichtet wird. Jedenfalls nehme ich ihn mit nachhause.
  • Was tun, sprach Zeus? Frau Spock ist frustriert ob der jähen Unterbrechung ihres Arbeitsflows. Das ist nicht gut, diesem Zustand muß abgeholfen werden. Ein Blick auf meine reichlich zerschlissene Handtasche sagt mir, daß ich zumindest diesem Zustand abhelfen könnte (und bevor hier jemand lästert: ich gehöre zu den -scheinbar seltenen- Frauen, die tatsächlich nur eine einzige Handtasche zur Zeit besitzen und diese benutzen, bis sie fast auseinander fällt). Also schnappe ich mir ein gut gelauntes Kind klein und ein bei der Aussicht auf Shopping schlagartig gut gelauntes Kind groß und mache mich auf den Weg. Kind groß versucht sich während der Fahrt an einer Lehrstunde über notwendige Kosmetika, obwohl ich fürchte, daß das bei mir echt vergebene Liebesmüh ist, Kind klein, der offenbar ein gelehriger Schüler von Kind mittel geworden ist, skandiert von hinten in voller Lautstärke, was ihm gerade so in den Sinn kommt. Und das ist viel.
  • Der Kauf einer Tasche ist schnell erledigt. Kind groß macht sich außerdem daran, ein Tierfuttergeschäft leer zu kaufen. Ich nehme mir vor, in nächster Zeit mal wieder nach den Mäusen zu sehen. Bei den Mengen, die sie offenbar verdrücken, müßten sie schon auf die Größe von Meerschweinchen herangewachsen sein. Immerhin bekomme ich einen Cappuccino, auch wenn Kind klein mehrfach versucht, mir den im Tausch gegen sein Eis abspenstig zu machen. Irgendwelche Gene scheinen sich da ganz massiv durchgesetzt zu haben.
  • Der Rückweg verläuft ereignislos. Wir betreten gerade das Haus, als das Telefon klingelt. Überraschung, es ist der Kindergarten, ich möchte doch bitte Kind mittel auch abholen. Halleluja, ich zieh mich dann mal gar nicht erst aus. Kind mittel hat immerhin den Anstand, sich über schmerzende Ohren zu beklagen, verschwindet zuhause allerdings sofort in sein Zimmer und beginnt, hingebungsvoll zu spielen. Kind groß macht sich derweil nützlich und kocht eine große Portion Spaghetti. Während wir uns über diese hermachen, fällt Kind mittel ein, daß sie ja heute mit einer Freundin verabredet war, und sie fragt, ob ich sie nicht in den Kindergarten zurückbringen könnte...
  • Glücklicherweise werde ich einer Antwort erhoben, denn es erscheint der Mann, was mich dazu veranlaßt, das Haus geradezu fluchtartig in Richtung meines heimischen Büros zu verlassen. Kaum sitze ich am Schreibtisch, packt mich bleierne Müdigkeit. Vielleicht wäre ein bißchen mehr Schlaf doch nicht verkehrt, aber vorerst müssen ein wenig Obst und Schokolade zu Dopingzwecken reichen. Ich mache mich über den Stapel Unbekanntsachen her, den ich mir neulich doch noch aufgehoben habe. 50 unaufgeklärte Einbrüche, zerkratzte Autos, beschmierte Bänke, ausgehobene Gullydeckel, da weiß man doch, weshalb man ein hochspezialisiertes Dezernat hat...das Highlight ist noch die Begehung eines Diebstahls mutmaßlich durch ein Mitglied einer mobilen ethnischen Minderheit mit Migrationshintergrund. Das waren noch Zeiten, als man Begriffe in einem Wort zusammenfassen konnte...ich schreibe 50mal das heutige Datum und kann es mir immer noch nicht merken, unterschreibe 50mal, zum Glück nur mit Handzeichen und nicht dem vollen Namen und kann eigentlich nicht behaupten, daß ich hinterher viel wacher wäre...
  •  Aber ich arbeite mich natürlich wacker durch alles, was da so rumliegt, und erledige das, was ich eigentlich in 8 Stunden schaffen wollte, dann eben in 4. Man muß auch mal Abstriche machen. Dann aber ab nachhause, das zweite Mal heute mit dem Fahrrad, und das zweite mal weht es mir reichlich kühl ins Gesicht, wo ist im übrigen zumindest das gute Wetter geblieben?
  • Vor dem Computer in mich zusammengesunken und gebloggt. Und irgendwie das dumpfe Gefühl im Bauch, daß es morgen nicht viel besser werden wird.



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