Wir bleiben dienstlich. Es
geht wieder einmal an das weit entfernte Amtsgericht. Das ohne Ca…nein, ich
sage es mal nicht, um Wiederholungen zu vermeiden. Auf dem Weg dorthin ertappe
ich mich dabei, mit meinem Navi die Strecke zu diskutieren. Das stimmt mich bedenklich.
Entweder habe ich einen Mangel an Kommunikation, oder ich sollte es mal ohne
versuchen, so langsam sollte ich den Weg eh kennen…
Nicht vermeiden kann ich die
Wiederholung, dass ich schon wieder Genosse Herzinfarkt als Angeklagten zu
Gesicht bekomme. Der Richter und ich sind uns einig, dass wir das Verfahren
endlich zu einem Ende bringen sollten, bevor er sich entschließt, erneut zu
erkranken. Und im übrigen muß ich mal anmerken, dass er das ist, was man im
allgemeinen als „Unsympath“ bezeichnet.
Es geht los. Frau Spock ist
ein wenig verschnupft, und das nicht nur im übertragenen Sinne, weil
irgendjemand meinte, mir wieder einmal seine Erkältung vererben zu müssen (und
ich habe da auch schon einen sehr konkreten Tatverdacht!), und verfügt über
eine außerordentlich beeindruckende Reibeisenstimme. Und die 6 cm, um damit vor
jemandem auf- und abzuklappern, sind auch mal wieder vorhanden. Wer also
möchte…ich habe noch Kapazitäten frei ;-).
Aber erst einmal schöpfen wir
Hoffnung, als der Verteidiger darum bittet, den geladenen Zeugen zunächst nicht
zu vernehmen, weil er einen Vorschlag zu unterbreiten hat. Will er vielleicht
doch ein Geständnis ablegen? Nicht ganz leider, statt dessen wäre er bereit,
den Tatvorwurf einzuräumen, wenn ihm im Gegenzug Verluste angerechnet werden,
die er auf eine meiner Meinung nach den Steuergesetzen völlig zuwiderlaufende
Weise berechnet, um so auf einen verbleibenden Steuerschaden von rund 50.000,-
zu kommen. Nur als Vergleich: Angeklagt habe ich 650.000,-…
Ich berate ein wenig mit der
Kollegin vom Finanzamt, aber wir werden uns schnell einig, dass wir das nicht
akzeptieren können. Als wir dies dem Verteidiger mitteilen, wird er sichtlich
gereizt. Ob wir denn wirklich annehmen würden, dass er auf ein Angebot eingehen
würde, bei dem die Verluste nicht anerkannt würden? Nein, meinen wir nicht, und
haben wir nicht eigentlich gerade sein Angebot abgelehnt? Ich kann mich
jedenfalls nicht erinnern, ihm eines gemacht zu haben.
Aber nun gut, es geht weiter.
Wir hören den Zeugen, einen Steuerfahnder, der in einer sehr ruhigen Art, dabei
mit unwahrscheinlicher Sachkenntnis, darlegt, weshalb unsere Rechtsauffassung
richtig ist. Der Angeklagte schneidet Grimassen, der Verteidiger versucht,
seine Fahndungsergebnisse madig zu machen, der Richter ist genervt, ich habe
Hunger (und das ist nie gut!).
Endlich Mittagspause. Ich
stürze in die Stadt, um mir zumindest ein Brötchen zu holen (und einen
Cappuccino, so!). Wieder zurück überrascht der Richter uns mit der Ankündigung,
dass er das Verfahren aussetzen wird, bis über das steuerliche Verfahren
entschieden worden ist, weil hier Rechtsfragen zu klären seien, die die
Kapazitäten eines Strafgerichts übersteigen würden.
Und damit ist die Sache
beendet…1200 km umsonst gefahren. Bis in 5 Jahren oder so dann, wenn vielleicht
auch der Bundesfinanzhof sich der Sache angenommen hat. Könnte ja sogar sein,
dass ich bis dahin nicht mehr für den Fall zuständig bin, aber das wäre wohl
der Gipfel des Optimismus´…
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen