Montag, 1. Oktober 2012

Der Arbeitsalltag...

...holt einen natürlich auch nach solch einem schönen Wochenende wieder ein. Aber immerhin war es heute ein gemäßigter Start in die Woche, denn ich habe Klausuraufsicht für das 2. Staatsexamen geführt, was einem zumindest immer einen ruhigen Vormittag beschert.
Ich sause also mit einem (wieder reparierten) Fahrrad zum Landgericht. Hier gibt es sogar Coffee-to-go, dies ist schließlich ein modernes Gebäude, und ich versorge mich sogleich mit einem für schlechtere Zeiten.
Im Klausursaal angekommen will mich eine nette Dame sofort mit einer Platznummer versorgen, aber es gelingt mir, sie davon zu überzeugen, daß ich die Aufsicht bin. Midlife-Crisis hin oder her und so geschmeichelt ich mich auch fühle, DIESES Ereignis meiner Jugend will ich keinesfalls noch einmal erleben.
Ich richte mich also häuslich ein, direkt vor mir sitzt einer dieser Herren, die daran Schuld sind, daß ich mich erst spät dazu entschließen konnte, Juristin zu werden. Zur Klausur (!) erscheint er im Anzug mit Krawatte und Kaschmirpullover drunter, die Haare zu einem schicken Seitenscheitel gegelt, und dazu benutzt er einen Füller einer nicht gerade preiswerten Marke, den man nicht mit Patronen befüllen kann, sondern der er zwischendurch an einem Tintenfäßchen betanken muß.
Einer der Kandidaten starrt mich die Hälfte der Zeit an, als wenn ich ihm Erleuchtung bringen könnte. Das bezweifle ich allerdings sehr, denn es geht um Revisionsrecht, und mit dem kenne ich mich nur sehr am Rande aus. Bei einem bin ich sehr versucht, ihm auf die Toilette zu folgen, nachdem er das 5. Mal dorthin verschwindet. Zumindest wäre es mal interessant gewesen, seine Reaktion zu sehen...da er aber stets nur sehr kurz dort ist, denke ich, daß diese Zeit wohl nicht ausreicht, um zu telefonieren oder sich anderweitig unerlaubter Hilfsmittel zu bedienen.
Nach 5 Stunden merke ich dann aber auch, daß der Stuhl doch nicht so richtig bequem auf Dauer ist, normalerweise sitze ich nie so lange am Stück. Aber dann ist es auch schon wieder vorbei. Es gibt den üblichen Aufruhr bei der Abgabe, und es ist die Frage zu klären, wo welche Nummer hinzuschreiben ist und wo welches der Papiere hinkommt. Aber auch diese Hürden werden gemeistert, und schließlich verlassen alle, einschließlich mir, den Klausursaal, die Examenskandidaten für ein wenig Erholung bis morgen, ich für die zweite Runde des Tages in meinem Büro...

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