Dienstag, 11. März 2014

Alle Spinner zu mir!

Glücksmomente...nun ja. Vielleicht ist ja auch die Erkenntnis ein Teil des Glücks. In diesem Fall die Erkenntnis, daß man nur Steuerberater wird, wenn man -wie soll ich sagen?- in der Lage ist, sehr kreativ mit dem deutschen Rechtssystem umzugehen. Wenn man dann auch noch Möchtegern-Steuerberater ist, wird diese Fähigkeit scheinbar noch um ein Vielfaches verstärkt.

Mein heutiger Kandidat beim Amtsgericht fällt nicht mehr nur einfach unter die Kategorie "Zuviel-und-dummes-Zeug-redende-Männer", sondern schon ganz eindeutig unter "Ich-könnte-mal-über-einen-Antrag-auf-Unterbringung-nachdenken". Schlimm daran, daß ich den Herrn schon kannte, weil er sich über die Mühlen des Rechtsweges eine Zurückverweisung und Neu-Verhandlung erstritten hat. Noch schlimmer, daß es in zwei Wochen einen Fortsetzungstermin gibt.

Wie schon vor einem Jahr glaubt er immer noch nicht, daß er kein Steuerberater mehr ist. Und wie schon vor einem Jahr versucht er, die Nicht-Abgabe der Umsatzsteuer-Erklärungen aus den Jahren 2007 - 2010 mit einer abstrusen Geschichte beginnend im Jahr 1994 zu begründen. Und es dauert...nebenbei werden alle öffentlichen Einrichtungen beschimpft, und auch ich erwarte jetzt bald eine Strafanzeige, mindestens aber eine Dienstaufsichtsbeschwerde von ihm, weil ich unfähig und untätig bin und das ohnehin alles nicht verstehe, was er da Grandioses von sich gibt. Mit meinem Unverständnis mag er sogar recht haben (auch wenn ich glaube, daß das weniger an mir als an ihm liegt...), aber nachdem ich mir in den letzten Monaten schon beinahe standardmäßig anhören durfte, was ich denn so alles nicht durchblicke, reagiere ich auf solche Ansagen gerade ein wenig...gereizt.

Irgendwann verläßt sogar den Richter die Geduld, und er zieht nur noch sein Programm durch. Ich plädiere, aus dem Stegreif und ziemlich gut, wie ich finde ;-). Der Angeklagte hat wie immer das letzte Wort und hält eine längere Abhandlung darüber, wie das doch war mit 1994 und der Ungerechtigkeit der Justiz, der Finanzbehörden, etc. Als er endlich fertig ist, atme ich unmerklich, aber anstatt sich zur Beratung mit sich selbst zurückzuziehen, sieht der Richter mich plötzlich zweifelnd an und meint, wir müßten doch eigentlich noch mehrere Zeugen vernehmen, um festzustellen, ob die Rechnungen auch wirklich bezahlt worden sind (leider ist der Angeklagte Ist-Versteuerer). Recht hat er natürlich, es wird ja wohl auf jeden Fall eine Berufung geben. Aber er soll nicht glauben, daß ich noch einmal ein so brillantes Plädoyer hinlege ;-).

Der Richter und ich lächeln uns wieder einmal verständnissinnig an, nachdem der Angeklagte verschwunden ist. Ich stelle fest, daß er sich vermutlich tatsächlich bald weigern wird, mit mir zu verhandeln, weil ich immer solche Gestalten bei ihm anschleppe. Kann ich was dafür, wenn die sich alle bei mir versammeln?

Ob das nun ein Glücksmoment war? Oder Erkenntnis? Jedenfalls ja doch irgendwie lustig...und ein willkommener Anlaß, sich mal wieder einen wunderbaren Cappuccino zum Mittagessen zu gönnen ;-).

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