Donnerstag, 20. September 2012

Gespräche

Glücklicherweise gibt es ja doch noch Menschen, die mit mir sprechen wollen ;-) und die mich sogar im Büro anrufen. Hierbei sind allerdings verschiedene Spezies zu unterscheiden:
Da wären zum einen die Verteidiger. Diese reden viel und gerne mit mir, sofern sie etwas von mir wollen und sich bei der Beurteilung der Chancen für ihren Mandanten ein wenig auf verlorenem Posten sehen. Leider gehören sie auch oft zu der Gruppe derer, die zuviel und vor allem dummes Zeug reden. Aber ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, denn immerhin habe ich dieser Berufsgruppe auch einmal angehört…

Es erreicht mich also folgender Anruf von Rechtsanwalt (=RA) Oberfreundlich:

Ich: Spock hier.
RA: Guten Tag, hier Rechtsanwalt Oberfreundlich. Es geht um meinen Mandanten Herrn Bösewicht. Soll ich Ihnen das Aktenzeichen nennen?
Ich: Nein danke, ich weiß schon, wen Sie meinen.
RA: Wir haben ja nächste Woche zusammen eine Verhandlung…
Ich (insgeheim schon voller Vorfreude auf einen anstehenden Gerichtstermin): Ja, genau.
RA: Aber ich will gar nicht mit Ihnen verhandeln.
Ich (enttäuscht): Oh, Sie wissen aber gar nicht, was Ihnen da entgeht.
RA (zugegebenermaßen ein Schnellschalter): Ähm, doch, ich würde natürlich schon gerne, aber wir könnten dann nicht mehr sagen, als dass mein Mandant es war. Andere kreative Ideen habe ich in diesem Fall leider auch nicht. Müssen wir denn dafür wirklich alle anreisen?
Ich: Sie möchten also einen Strafbefehl? (Anm. d. Verf.: Das ist so eine Art schriftliches Strafverfahren).
RA: Genau, das wäre doch für alle Beteiligten am praktischsten.
Ich: Sie wissen aber schon, dass Sie das eigentlich den Richter fragen müssten, immerhin ist der zwischenzeitlich zuständig.
RA: Ja, selbstverständlich, ich wollte nur hören, ob ich denn mit Ihrer Zustimmung rechnen kann.
Nun ja, wir einigen uns recht schnell, und er wendet sich an den Richter. Schon wieder ein Gerichtstermin weniger, im Moment werden die andauernd aufgehoben, sehr ärgerlich. Aber immerhin hat er geredet gg.

Der nächste Anruf kommt von einem Ermittler. Zu dieser Sorte zählen in erster Linie Polizeibeamte, Steuer- und Zollfahnder. Ermittler wollen eigentlich nicht mit mir reden, sondern in Ruhe ermitteln und dabei nicht von lästigen Staatsanwälten, die unter Umständen sogar rechtliche Bedenken an ihren Methoden äußern, belästigt werden. Wenn ein Ermittler mich anruft, hat das üblicherweise zwei Gründe: entweder braucht er eine Entscheidung von mir, die er selbst nicht treffen darf, oder ihm fallen keine weiteren Ermittlungsansätze ein, und er will von mir hören, dass es mir genauso geht, damit er das in seiner Akte vermerken kann. Große Verwirrung gibt es, falls mir doch einmal ein weiterer Ansatz einfällt. Das kommt aber selten vor.

Diesmal spielt sich also folgendes ab:

Ich: Spock hier.
Ermittler: Spürnase vom Zollfahndungsamt, es geht um den Fall Tunichtgut, den Sie uns neulich übersandt haben.
Ich (mein Gedächtnis durchforstend): Das war doch der mit dem illegalen Kraftstoff, oder?
Ermittler: Genau der. Wir haben das überprüft, und ich konnte nicht feststellen, dass das, was der hier getan hat, illegal ist.
Ich: Na ja, das soll schließlich auch vorkommen.
Ermittler (leicht verzweifelt): Wenn er den Kraftstoff aus dem Ausland hereingebracht hätte…aber so ist das einfach nicht strafbar.
Ich (beruhigend): Ist ja nicht schlimm, das passiert.
Ermittler: Was mache ich denn jetzt mit dem?
Ich: Dann wird das Verfahren eben eingestellt.
Ermittler (mit gewissem Entsetzen in der Stimme): Eingestellt?
Ich: Sicher, wenn keine Straftat vorliegt, wird das Verfahren eingestellt.
Ermittler: Also, meinen Sie wirklich?
Ich (nachdrücklich): Ja, ganz bestimmt!
Ermittler (verwirrt): Na gut, dann vielen Dank für die Auskunft…

Ich lege glucksend auf. Manche sehen es scheinbar als persönlichen Affront an, wenn sich jemand als unschuldig erweist. Dabei ging es hier wirklich nicht um eine große Sache…

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