Dienstag, 7. August 2012

Gerichtsflure

Ich weiß nicht, wieviel Zeit meines beruflichen Lebens ich schon damit zugebracht habe, auf Gerichtsfluren zu sitzen und zu warten, aber es müssen viele, viele Stunden gewesen sein. Warten darauf, daß es losgeht, warten darauf, daß es weitergeht. Schnell noch ein Cappuccino, ein letzter Blick in die Akten, ein letztes Gespräch mit Vertretern von Finanzamt oder Zoll oder wer auch immer gerade dabei ist, oft genug aber auch ganz alleine.

Manchmal muß ich noch irgendwen treffen und hoffe, daß ich ihn überhaupt erkenne. Fast immer fragen sich die die ebenfalls wartenden Leute, wer ich denn sein mag, offiziell aussehend und offensichtlich wissend, wo ich hinwill, aber doch nicht so recht einzuordnen. Oft genug enden die Gespräche, wenn ich komme, und die Angeklagten werden von ihren Verteidigern von mir weggezerrt, damit ich ihre Strategie nicht belauschen kann. Die Verteidiger jedenfalls erkennen mich meistens, ein weißer Kragen spricht in unserem Metier eben Bände. Von Zeit zu Zeit werde ich von Zeugen angesprochen, die ja sehr häufig auch Geschädigte sind, und wissen möchten, wie es nun weitergeht. Aber meistens bin ich tatsächlich alleine und warte vor mich hin, in dieser seltsamen Position, nicht als Richter, der die "Hoheit" dort hat, aber auch nicht als jemand, der von außen kommt.

So auch heute wieder, und dann ist die Angeklagte unentschuldigt nicht erschienen. Das ist ärgerlich, wenn man bedenkt, was dort alles in die Wege geleitet wurde: Richter, zwei Schöffen, eine Protokollkraft, zwei Zeugen, ein Verteidiger und ich sind alle gekommen, nur sie hatte es nicht nötig. Nun ja, beim nächsten Mal wird sie dann eben von der Polizei vorgeführt werden. Aber ganz ehrlich: heute war ich gar nicht so unglücklich darüber, denn in dem Gerichtssaal war es derart stickig, daß ich in meine Robe gehüllt schon wieder befürchtete, stundenlang dort in der Hitze ausharren zu müssen...;-)

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