Samstag, 8. Dezember 2012

Nicht nur Musik

Leider nicht, nein, auch der Prozess gegen den Herren mit dem monströsen Namen ging ja noch weiter. Und es scheint so, als wenn er sich auch noch bis in das nächste Jahr hinein hinziehen würde.
Da wir das Verfahren gegen den einen der Angeklagten beim letzten Mal eingestellt haben, ist es jetzt nur noch zwei gegen einen. Leider ist auch der einzig gutaussehende Verteidiger auf diese Weise aus dem Gerichtssaal entfernt worden ;-)., und ich muß nur noch mit zwei unserer lokalen "Starverteidiger" herumschlagen. Sie sind aber beide verhältnismäßig harmlos und neigen nicht zum Herumschreien oder dazu, ihren StPO-Kommentar nach mir zu werfen... 
Der Prozesstag beginnt mehr als unspektakulär damit, daß beide Angeklagten es nicht für nötig befinden zu erscheinen. Der eine ist immerhin durch ein ärztliches Attest entschuldigt, der andere nicht. WIr sitzen die vorgeschriebene 15-minütige Wartezeit ab, entlassen die Zeugen und beschließen, uns mittags wiederzutreffen. Dann sind weitere Zeugen geladen, und der eine Angeklagte soll bis dahin im Zweifel mit Hilfe der Polizei in den Gerichtssaal gezerrt werden.
Ich gehe hinaus, und beide Verteidiger stürzen sich auf mich, weil sie irgendetwas mit mir besprechen wollen. Da ich keine Lust habe, auf dem Flur herumzustehen, nötige ich sie auf einen Kaffee in die Cafeteria. Sie gehen beide sehr bereitwillig darauf ein, man merkt, daß sie etwas von mir wollen. Der eine von ihnen will mit mir über ein anderes Verfahren reden, das ich bearbeite, der andere versucht, mich davon zu überzeugen, daß sein Mandant soooo ein netter Mensch ist und unbedingt eine Bewährungsstrafe bekommen muß. Ich würde das vielleicht glaubhafter finden, wenn er heute wenigstens erschienen wäre und ich jetzt nicht seinetwegen mehrere Stunden herumbekommen müßte. Aber ich bin schließlich ein netter Mensch und verspreche, mir die Sache zu überlegen.
Dann trage ich einen kurzen inneren Konflikt mit mir selbst aus: Soll ich die Wartezeit zum Arbeiten oder zum Shoppen nutzen? Ich muß gestehen, daß die letztere Alternative gewinnt und verbringe einen doch noch ganz erfreulichen Vormittag.
Mittags sitze ich natürlich wieder pünktlich auf meiner Seite des Saals. Den bunten Schal gegen einen weißen ausgetauscht, in die Robe geschlüpft, immer wieder erstaunlich, was so ein Kleidungsstück ausmacht. Mein Blick wird automatisch streng, und ich kann den Angeklagten, der sich nun doch entschlossen hat, uns mit seiner Anwesenheit zu beehren, vorwurfsvoll betrachten, die Richterin tut das ebenfalls.
Auch der geladene Zeuge ist gekommen, und wir befragen ihn ausgiebig, geraten aber alle bald an den Rand der Verzweiflung. Na ja, der Verteidiger tut das vielleicht nicht, für ihn sind derart klaffende Erinnerungslücken durchaus vorteilhaft. Aber wir anderen schütteln irgendwann nur noch mit dem Kopf. Die Richterin und ich verabschieden uns später mit der gegenseitigen Frage, ob der junge Mann wirklich so wenig intelligent ist oder ob er nur so tut.
Nun ist erstmal ein wenig Pause in dieser Sache, aber vor Weihnachten geht es noch weiter. Noch mehr Zeugen, die vermutlich ähnlich drauf sind...

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