Dienstag, 11. Dezember 2012

Manchmal frage ich mich,...

...ob ich nicht lieber in die Abteilung für Kapitaldelikte wechseln sollte. Um es gleich vorweg klarzustellen: Kapitaldelikte haben nichts mit Geld zu tun (höchstens indirekt...), sondern bei ihnen handelt es sich um Mord, Totschlag und ähnlich aufregende Dinge, kapitale Delikte eben, manch einer wird wohl auch wie ein kapitaler Hirsch aus dem Leben gerissen.
Warum also nun dieser plötzliche Wunsch nach einem Wechsel? Das liegt wohl daran, daß ich so langsam den Eindruck bekomme, sämtliche Verrückte des ganzen Landgerichtsbezirkes und noch darüber hinaus (immerhin betreue ich in Steuersachen sogar zwei solcher Bezirke) haben sich in meinem Dezernat versammelt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um Steuerberater, Möchtegern-, Nicht-mehr- oder Noch-nicht-Steuerberater geht. Diese haben sich bisher durchweg alle als reichlich seltsam herausgestellt. Ist es da nicht verständlich, wenn man sich mal schwere Fälle und echte harte Jungs als "Kunden" wünscht ;-)?

Heutiges Beispiel war die Durchsuchung bei einer weiblichen Spezies ihrer Art. Grundsätzlich sind Durchsuchungen prima. Man ist mal vom Schreibtisch weg, bekommt ein oder mehrere Steuerfahnder ganz für sich allein als Fahrer und Papierdurchwühler und kann sich, wenn man Glück hat, auch noch mit smarten Verteidigern herumschlagen, die einen für in steuerlichen Dingen völlig unbeleckt halten und dann mehr als erstaunt sind, wenn man ihnen plötzlich Fachbegriffe um die Ohren haut.
An dem Verteidiger fehlt es heute schon einmal ganz entschieden, statt dessen eine verwirrte Steuerberaterin, die meiner Ansicht nach bis zum Schluss nicht verstanden hat, daß auch sie Beschuldigte ist und der offenbar nicht klar ist, daß man auch als Steuerberaterin keine Buchungen ohne Beleg nach Wunsch des Mandanten vornehmen und hinterher den Jahresabschluss als richtig abzeichnen darf. Wenn man nicht in der Lage ist, seinen Mandanten die erforderlichen Unterlagen zu entlocken, hat man immer noch die Möglichkeit, das Mandat niederzulegen.
Statt dessen unterhält sie uns mit einer wirren Geschichte darüber, wie sie überhaupt an dieses Mandat gekommen sei (völlig irrelevant), daß der kleinste Sohn des Mandanten wohl ein Frühchen sei (noch irrelevanter), sie aufgrund einer Laktoseintoleranz noch nie Döner gegessen habe, nicht einmal bei ihrem Mandanten (dazu fällt mir schon gar nichts mehr ein), ihr Mandant sein Haus ohne Makler gekauft habe (kein Grund, die Einnahmen aus der Vermietung desselben nicht zu verbuchen...) und noch allerlei weiteren bunten Anekdoten, um hinterher der Auffassung zu sein, eine Aussage gemacht zu haben. Ich suche verzweifelt eine Tischkante für meinen Kopf, will aber nicht ganz so dumm auffallen, ich habe schließlich einen Ruf zu wahren, und schaffe es tatsächlich, eine gute Stunde mit völlig unbewegter Miene vor ihr zu sitzen. Manchmal frage ich mich auch, ob ich nicht irgendwo einen Preis für meine unglaubliche Selbstbeherrschung abstauben kann ;-).
Hinterher begeben wir uns noch kurz in besagten Döner-Imbiss ihres Mandanten, um dort zu erfahren, daß dies eine Adresse ist, die man lieber nicht aufsuchen sollte. Darauf wären wir allerdings aufgrund des äußeren Anscheins schon selbst gekommen. Wir verzichten auf den Erwerb eines Döners auch in anderen Etablissements, und ich lasse mich von "meinen" Fahndern zurück zu meinem Auto bringen, um ins Büro zu fahren und dann schnellstmöglich zum Mittagessen zu verschwinden. Und nein, es gibt keinen Döner...

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