Dienstag, 5. März 2013

Die juristische Sprache...

…zeichnet sich vor allem durch ihren vielen langen und zusammengesetzten Wörter aus. Fängt man einmal an, sich damit zu beschäftigen –ob das nun empfehlenswert ist, mag dahingestellt sein, aber es gibt ja Menschen, denen gefallen solche Ausdrücke-, wird man auf allerlei erstaunliche Wendungen und im übrigen eine zeitweise irritierende Tendenz zur Substantivierung stoßen.

Beginnen wir einmal mit dem Steuerrecht, dort bin ich schließlich am meisten zuhause:

Zunächst einmal ist die Einkommensteuererklärungsabgabefrist zu beachten, daraufhin durchläuft das ganze das Veranlagungsverfahren, um schließlich in der Bekanntgabe zu enden. Unwillige Zahler bekommen eine Zahlungsaufforderung, es werden in so einem Fall im übrigen Säumniszuschläge festgesetzt. Wem der Einkommensteuerbescheid nicht gefällt, der kann dagegen Einspruch einlegen, muss dabei aber unbedingt die Rechtsbehelfsfrist beachten, um dann einen Einspruchsbescheid zu erhalten, gegen den man, wenn es dann gewünscht ist, eine Anfechtungsklage beim Finanzgericht einlegen kann, vielleicht noch gewürzt durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Nicht zu vergessen, dass man sich hinterher sogar innerhalb der Revisionsbegründungsfrist an den Bundesfinanzhof wenden könnte und danach mit viel Glück noch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich ist. Mal ehrlich, schon allein das Steuerfestsetzungsverfahren bietet auf diese Weise Anknüpfungspunkte für zahlreiche Höhepunkte des juristischen Sprachgebrauchs.

Aber auch mein tägliches Arbeitsgebiet ist geradezu eine sprachliche Spielwiese. Zunächst einmal gebe ich den Namen des Beschuldigten in die Straftäterdatenbank ein, um einen Bundeszentralregisterauszug zu erhalten. Um einmal im Bereich des Steuerstrafverfahrens zu bleiben, wird zunächst geprüft, ob der Anfangsverdacht einer Einkommensteuerhinterziehung vorliegt, oder man vielleicht sogar ein Umsatzsteuerkarussell, welches häufig bei Umsatzsteuersonderprüfungen entdeckt wird, vorfindet oder aber ob der Beschuldigte so geschickt war, eine der vielen im Steuerrecht existierenden Strafbarkeitslücken zu entdecken. Ich übergebe solche Verfahren dann üblicherweise erst einmal dem Steuerfahndungsdienst, der nach mir nach den Ermittlungen, die häufig von Durchsuchungsmaßnahmen begleitet werden, eine Steuerverkürzungsberechnung zur Verfügung stellt, anhand derer ich eine Anklageschrift verfassen kann, wobei ich mir stets die Frage stellen muss, ob die Steueränderungsgesetze zu beachten sind, es Ausnahmeregelungen gibt oder gar das Rückwirkungsverbot eingreift. Oft warte ich vorher auch noch die Verteidigerstellungnahme ab, die häufig schon einen Einblick in die Verteidigungsstrategie liefert, die verfolgt wird, damit ich bei Anklageverfassung entsprechende Argumentationstechniken verwenden kann, hierbei ist natürlich die einschlägige Kommentarliteratur stets hilfreich, man kann sich auch mit Rechtsprechungsübersichten über Wasser halten.
Irgendwann gibt es dann einen Eröffnungsbeschluss und einen Hauptverhandlungstermin, in dem man, wenn man ganz viel Glück hat, auf Zeugenvernehmungen verzichten kann, weil es nach einem informellen Rechtsgespräch eine tatsächliche Verständigung gibt…auch Deal genannt. Aber selbst nach einem solchen Deal könnte der Angeklagte unter Beachtung der Berufungseinlegungsfrist Rechtsmittel einlegen, ein Rechtsmittelverzicht ist in so einem Fall nicht möglich. Oder wie wäre es mit einer Sprungrevision? Dann hätte auch die Bundesanwaltschaft endlich einmal was zu tun…und wenn es nur die Erstellung einer Revisionsgegenerklärung ist…

Ende der juristischen Lehrstunde, nichts unter vier Silben für mich bitte, offenbar hatte ich ohne Computer zu viel Zeit in den letzten Tagen ;-).

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