Freitag, 22. Februar 2013

Was so los ist

Es sind ja nicht nur hübsche Fahrten, die ich unternehme, sondern in erster Linie gibt es Büroalltag, der in letzter Zeit vor allem daraus bestand, zwei Praktikantinnen und einen Referendar zu unterhalten. Letzterer hatte zum Glück noch sehr viele Termine seiner Einführungs-AG, tauchte aber immer mal wieder zwischendurch bei mir auf, um mich mit treuherzigem Augenaufschlag darum zu bitten, ihm Kollegen zu suchen, bei denen er mit zu Gerichtsterminen gehen könnte, um plädieren zu üben. Ich bemühe mich, dem nachzukommen, erinnere ich mich doch noch gut selbst an die Zeit, als ich wußte, daß ich demnächst alleine zu Gericht würde gehen müssen, ohne die geringste Ahnung zu haben, was mich dort eigentlich erwartet. Also verbringe ich einen nicht unwesentlichen Teil meiner Zeit am Telefon.

Praktikantin 2, ihres Zeichens immerhin schon Jurastudentin, kann ich weitgehend einer anderen Kollegin überlassen, die mit einem größeren Prozeß beschäftigt ist und jemanden braucht, der ihr ein paar Stellungnahmen zu ein paar rechtlichen Fragen erstellt.

Praktikantin 1, noch Schülerin und erschreckend jung ;-), sitzt die meiste Zeit in meinem Büro, wenn sie nicht gerade ebenfalls mit Kollegen zu Gericht unterwegs ist. Noch mehr Zeit am Telefon, aber sonst habe ich mein Büro ja nie für mich. Zwischendurch erscheint noch ihre Lehrerin, und ich frage mich, wann es soweit gekommen ist, daß ich mich mit Lehrerinnen über Schüler unterhalte, die nicht meine eigenen Kinder sind. Ich muß aber zugeben, daß das Mädel sich ganz geschickt anstellt und viel Interesse an der Sache zu haben scheint. Am lustigsten ist es, ihre Praktikumsunterlagen auszufüllen. Diese sind eindeutig auf Wirtschaftsbetriebe gemünzt, und ich tue mich in wenig schwer mit der Frage, wie mein Betrieb denn Kunden wirbt...

Zwischendurch verärgere ich noch einen meiner "Kunden", mal wieder einer der durchgeknallten Steuerberater, der einem säumigen Mandanten durch die Blume mit der Russenmafia gedroht hat, indem ich ihm als Auflage eine Zahlung an die Deutsche Stalkingopferhilfe aufdrücke. Ich bekomme mehrere sichtlich gereizte Briefe von ihm, die mich aber nur am Rande beeindrucken.

Gestern schnappe ich mir dann beide Praktikantinnen, der Referendar hat mal wieder AG, und fahre mit ihnen zu einem auswärtigen Gericht, eines von denen ohne Kaffee. Ich habe aber echt schon aufregendere Sitzungstage erlebt, das spannendste an diesem Tag ist das Eintreffen einer ganzen Schulklasse als Zuschauer.
Der erste Angeklagte erscheint gar nicht erst. Bei der zweiten handelt es sich um eine ältere Dame, die auf einem Parkplatz ein Auto angefahren und sich dann vom Acker gemacht hat. Sie bereut zutiefst und tut mir einigermaßen leid, so daß ich nur eine äußerst moderate Strafe beantrage.
Als nächstes ist einer von meinen Fällen dran, deshalb bin ich überhaupt auch nur hier, eine Kindergeldüberzahlung. Im Laufe der Verhandlung stellt sich heraus, daß die Kindergeldkasse allerlei falsch berechnet hat, da der Bescheid aber schon rechtskräftig ist und er dennoch die gesamte Überzahlung zurückerstatten muß, obwohl ihm mehr als die Hälfte davon zugestanden hat. Ich finde es unangemessen, ihm noch eine Geldstrafe obendrauf zu setzen, und wir stellen das Verfahren gegen Auflage ein. Die Auflage wird auf die Rückzahlung des Kindergeldes angerechnet, und ich finde, daß das sehr geschickt auf diese Weise gelöst wurde.
Der letzte der Kandidaten erscheint dann mal wieder nicht, zwischendurch habe ich noch eine ganze Weile Pause, weil der Richter sog. vereinfachte Jugendverfahren durchführt, bei denen er mich nicht braucht. Aber ich lasse die Praktikanten zusehen, während ich auf dem Flur herumlungere. Nun ja, ich hatte schon aufregendere Tage bei Gericht.

Montag könnte es spannender werden, dann wird einer meiner Haßfälle verhandelt, und außerdem noch zwei andere Dinge, die ich meinem Referendar aufzudrücken gedenke. Dann sehe ich wenigstens mal, was er so auf dem Kasten hat, neben dem treuherzigen Augenaufschlag ;-).

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