Sonntag, 10. April 2011

Bereitschaftsdienst

So langsam fühle ich mich wieder fast wie eine normale Mitarbeiterin in meiner Behörde. Nicht nur, daß ich neulich einen Gerichtstermin hatte, bei dem es um Steuern ging und ich so richtig mitreden konnte (verknackt wurden die beiden dann auch noch, wenn auch auf Bewährung), was mir einen echten Flash gegeben hat, vorgestern hatte ich das erste Mal seit langem wieder Bereitschaftsdienst. Es war allerdings "nur" die Tagesbereitschaft -auf Nachtbereitschaft bin ich ehrlich gesagt auch gar nicht so scharf gg-, und die bedeutet, daß einem an diesem Tag jeder anrufen kann, der den zuständigen Dezernenten nicht erreicht oder sich sonst nicht zu helfen weiß.

Der Tag ging sehr harmlos los, und ich hegte schon Hoffnungen, nach der Post noch eine dickere Akte vom Tisch zu bekommen. Den Vormittag über rief nur ein einziger an, der beklagte, daß sein Bruder von seiner Ex (also der des Bruders) zu einer Unterschrift gezwungen worden sei. Auf dem Weg zum Mittagessen wurde es dann aber mehr. Zunächst meldete sich ein Referendar aus einem Gerichtstermin mit der Frage, ob er der Einstellung eines Verfahrens zustimmen dürfte (das dürfen die noch nicht eigenmächtig entscheiden), dann einer, dessen Nachbar ihm angeblich Sondermüll auf das Grundstück gekippt hatte, und ich bin sicher, bei näherer Nachfrage hätte ich auch noch von weiteren Untaten der Nachbarn gehört, aber ich habe natürlich nicht nachgefragt...

Dann, direkt während des Essens, ein Anruf der Polizei, daß jemand festgenommen worden sei aufgrund mehrerer Diebstähle. Ich bat darum, nach der Mittagszeit noch einmal zu versuchen, die zuständige Dezernentin anzurufen und sich ansonsten wieder an mich zu wenden. Gegen 14 Uhr -ich frohlockte schon innerlich- rief er wieder an, keine zuständige Dezernentin in Sicht, also war ich dran. Inzwischen hatte sich herausgestellt, daß es nicht nur mehrere Diebstähle, sondern auch noch 4,1 g Heroin in einem Überraschungsei gab. Die Vorführung zum Haftrichter sollte eine Stunde später stattfinden, und ich hatte noch nicht eine Unterlage, um einen Haftbefehlsantrag zu schreiben. Aber immerhin trafen sie etwa 20 Minuten später per Fax ein, dabei noch die Anregung, die Durchsuchung zweier Wohnungen zu beantragen. Gut, daß ich schnell schreiben kann, um viertel vor drei ging alles per Fax zurück an die Polizeistation. Auf meinen Kontrollanruf dort erfuhr ich, daß man sich bereits zum Haftrichter begeben hatte, ohne meinen Antrag. Mein Kopf wollte sich gerade der Tischkante nähern, als der Haftrichter anrief, um zu fragen, ob ich das nicht auch alles an ihn faxen könnte. Klar konnte ich, ich war ja froh, daß doch noch jemand meinen grandiosen Antrag lesen wollte.

Ob derjenige nun in Haft gelandet ist oder nicht, habe ich dann allerdings nicht mehr mitbekommen, das werde ich hoffentlich morgen erfahren. Statt dessen führte ich die restliche Dienstzeit eine angeregte Diskussion mit unserer zuständigen Drogendezernentin, der ich die Sache aufgrund des Heroins zuschanzen wollte und die sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte, wegen so einer läppischen Drogenmenge eine Haftsache übernehmen zu müssen, das müßte ja wohl die Kollegin aus der allgemeinen Abteilung, da hier die Diebstähle im Vordergrund stünden. Sie hätte ja ganz andere Verfahren zu bearbeiten. Ich glaube, es gelang mir nicht, ihr letztlich klar zu machen, daß es mir völlig egal ist, wer sich nachher um den Herrn kümmern darf, ich werde es jedenfalls nicht sein, und daß ich eigentlich nur von ihr wissen wollte, ob alle, die irgendwie mit Drogen zu tun haben, bei ihr landen. Eine Antwort darauf habe ich leider auch nicht erhalten, aber ich stimme ihr zumindest insoweit zu, daß auch ich Verfahren ganz anderen Ausmaßes zu bearbeiten habe (aber trotzdem so etwas übernehme, wenn ich nun einmal dafür zuständig bin). Ich muß zugeben, daß ich morgen gerne Mäuschen spielen würde, wenn es um die Frage geht, wer den Fall denn nun endgültig bekommt.

Der restliche Tag verlief ruhig. Der Referendar rief noch einmal an, er klang übrigens sehr nett, und wir stellten beide bedauernd fest, daß dies seine letzte Sitzung an diesem Tag war und wir aller Voraussicht nach nicht mehr miteinander telefonieren würden. Meine dicke Akte habe ich leider nicht vom Tisch bekommen gg. Bin ich komisch, weil mir so etwas Spaß macht?

Sonst geht es uns gut. Manchmal treiben die Kinder mich in den Wahnsinn, insbesondere die Mittlere, die mit ihrem Temperament hier alles sprengt. Die Große veranstaltet auch gerne vorpubertären Zickenalarm, und der Kleine möchte eigentlich am liebsten nur auf dem Arm sein oder aber durch das Wohnzimmer kugeln, wobei er sich ständig irgendwo verkeilt und gerettet werden muß. Das ärgert ihn dann wieder, so daß er zum Trost auf den Arm muß. Immerhin ißt er jetzt ab und zu ein wenig Brei, viel weniger stillen tue ich ihn aber deswegen trotzdem nicht, er nimmt dann doch lieber beides.

Keine Kommentare: