Freitag, 26. Juni 2009

Von der Ehre, Bereitschaftsdienst zu haben

Nun habe ich also den ersten Bereitschaftsdienst hinter mir. Es war recht entspannt, ab und zu rief mal jemand an, um mir irgendwelche Fragen zu stellen. Meistens habe ich diejenigen gleich an ihren eigentlichen Dezernenten verwiesen, vieles konnte ich selbst klären, und ansonsten habe ich jede Menge eigene Sachen weggearbeitet.

Wie mein Abteilungsleiter mir zuvor mitteilte, ist es geradezu eine Ehre, daß ich jetzt schon Bereitschaftsdienst hatte. Den hat man nämlich üblicherweise erst dann, wenn man sein großes Zeichnungsrecht hat, und das wiederum bekommt man normalerweise erst nach 6 Monaten, und so lange bin ich noch nicht dabei. Da man aber keinen Bereitschaftsdienst hat, ohne auch großes Zeichnungsrecht zu haben, habe ich dieses nun gestern bekommen, ebenfalls eigentlich zu früh, so daß ich jetzt eine "vollwertige" Staatsanwältin bin und mich unwahrscheinlich geehrt fühle. Jedenfalls ist es angenehm, jetzt alles selbst machen zu dürfen, und ich fühle mich, als wenn ich schon recht lange dabei bin.

Einen meiner Fälle der letzten Woche konnte ich heute gleich nutzen, um ihn bei der mündlichen Prüfung der Kommissaranwärter anzubringen, da habe ich jetzt wirklich einen großen Fundus. Die Prüfung lief auch ganz vernünftig. Jetzt habe ich allerdings Kopfschmerzen, was aber nicht an der Qualität der übrigen Prüflinge liegt, sondern daran, daß die Große mir vorhin eine Schranktür gegen den Kopf geschlagen hat. Aua!

Die Kleine ist immer noch voll in Fahrt. Am Sonntag waren wir mit ihr auf dem Friedhof, und sie ist wie wild um die Gräber gerannt und war kaum daran zu hindern, das Spielzeug, was sich dort überall findet, abzuräumen. Seit Montag ist es hier ziemlich warm, und seit Montag ist sie fest entschlossen, das Haus nicht ohne ihre Wollmütze zu verlassen, mit der sitzt sie auch ganz standhaft bei größter Hitze im Auto. Inzwischen konnte ich sie durch eine Bestechung davon abbringen: sie darf den alten Sommerhut ihrer großen Schwester tragen, der sticht zum Glück alle Wollmützen aus und paßt sogar. Sie hat eben einen Dickkopf. Gestern war sie mit in der Schule zum Elterngespräch und hat dort ordentlich aufgemischt. Erst krümelte sie das ganze Büro der Schulleiterin mit Knäckebrot voll, dann ließ sie sich von ihr etwas zu trinken servieren und zur Krönung noch die Hände waschen. Irgendwie haben wir es aber auch geschafft, uns über die Große zu unterhalten. Auch das große Volksfest, das hier gerade stattfindet, genießt sie sehr. Eine Hüpfburg hat sie schon ausprobiert und danach mit der Großen und mir zusammen einen (natürlich alkoholfreien) Cocktail getrunken, der begeistert mit den Worten "Noch mehr Saftschorle" kommentiert wurde.

Wir langweilen uns also wie immer nicht. Nächste Woche ist ein Termin beim Landgericht angesagt, allerdings nur Berufungsverhandlungen, die sind meistens mäßig aufregend. Eine Vernehmung habe ich angeordnet, wenn der Kandidat dann tatsächlich erscheinen sollte, ansonsten Eltern-Kind-Nachmittag in der Krippe, Elternabend in der Schule, Sommerfest in der Krippe und Unterricht an der Fern-FH, uff, ich freue mich schon auf den Urlaub.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Akten bis zur Decke

Gestern hätte ich es fast geschafft, meinen Aktenausgang bis zur Decke hoch zu stapeln. Gut, daß ein Schrank daneben ist, an den ich die guten Stücke anlehnen kann. Ich hatte am Montag frei, und mein Büro war gestern dementsprechend voll. Ich sehe meinem Sommerurlaub mit gewisser Besorgnis entgegen. Wenn das drei Wochen so geht, komme ich vermutlich gar nicht mehr durch die Tür, wenn ich wieder da bin. Wahrscheinlich muß ich dann erstmal ein paar Nachtschichten einlegen. Aber gestern habe ich jedenfalls fast alles wegbekommen.

Heute hatte ich wieder Gerichtstermin, diesmal eine Drogensache, wo ich mich doch so gut mit Betäubungsmitteln auskenne. Dank Wikipedia weiß ich jetzt zumindest, was Kath eigentlich ist, daß es im Grunde harmlos ist und in Somalia so etwas wie ein National-Kaubonbon. Außerdem ist der Besitz in Holland und Dänemark erlaubt und wenn man dann nun mal das Zeug ausgerechnet von hier nach dort bringen will und dabei durch Deutschland muß, ist das irgendwie einfach dumm gelaufen. Der Angeklagte war ohnehin nur ein "armer" Kurierfahrer, der da reingerissen worden ist, so daß wir das alles harmlos mit einer Bewährungsstrafe als minder schweren Fall abgehandelt haben. Es war wieder der gleiche Richter wie bei der letzten Verhandlung, der ja ein wenig an meinem Plädoyer rumgekrittelt hatte. Gestern rief er mich an und entschuldigte sich wortreich für seine etwas stichelige Bemerkung, was ich sehr nett fand. Sofern dann überhaupt, hatte ich mich über mich selbst geärgert, weil ich mir nicht mehr Gedanken über die rechtliche Würdigung gemacht hatte. Aber so war der Friede jedenfalls für alle Seiten wieder hergestellt, und heute hatte er hoffentlich nichts zu meckern.

Nächste Woche habe ich das erste Mal Bereitschaftsdienst, allerdings nur Tagesbereitschaft. Das heißt, man ist Ansprechpartner für alle die, die den eigentlich zuständigen Dezernenten aus welchem Grund auch immer nicht erreichen können. Ich bin schon gespannt, ob ich das hinbekomme. Ich werde die nächsten Tage vorsichtige Erkundigungen bei den Kollegen einholen gg.

Am Wochenende waren wir auf einem Hof zum Erdbeeren pflücken, wir wollten sie allerdings schon gepflückt kaufen und außerdem Erdbeerkuchen essen. Wir wurden allerdings schon von einem Schild empfangen, auf dem stand, daß die Erdbeeren ausverkauft seien. Wir haben uns aber nicht abschrecken lassen und sind optimistisch dennoch hingefahren. Es gab tatsächlich auch noch eine Schale Erdbeeren, die wir erstehen konnten, beim Café war die Schlange aber etwa 20 m lang. Wahnsinn, was wollten die da alle? Auf die Wartezeit haben wir jedenfalls verzichtet und sind stattdessen in einen Schaugarten gefahren, in dem es auch ein Café gibt. Dort haben wir in einer japanischen Pagode sitzen können, mit leiser Zirpmusik im Hintergrund. Die Große hat die Gelegenheit genutzt, die Eierlikörtorte (die natürlich nicht sie essen sollte) auf ihrem Schuh und dem Boden zu verteilen. Die Kleine war eigentlich nur scharf auf meine Schokoladentorte und zerkrümelte ihren Bienenstich fachgerecht. Frank und ich waren uns hinterher einig, daß unsere Kinder noch nicht zen-geeignet sind und wir genau genommen auch gar nicht da waren.

Samstag, 13. Juni 2009

Gibt es Zeichen?

Eigentlich glaube ich an so etwas nicht, aber im Zusammenhabg mit Adrian tauchen immer wieder Dinge auf, die mich an meiner Einstellung zweifeln lassen.

Letzten Mittwoch war ich das erste Mal seit längerer Zeit wieder auf dem Friedhof. Nicht, daß ich nicht gewollt hätte, aber es mangelte tatsächlich an Zeit, und mit der Kleinen zusammen ist es momentan nicht sehr entspannend, weil sie jede Gelegenheit zur Flucht nutzt. Aber an dem Abend hat es geklappt, und ich konnte ganz alleine hinfahren. Es hatte den ganzen Tag geregnet, aber jetzt schien die Sonne, und ich hatte für Adrian eine kleine Figur mitgebracht. Es waren zwei Hände, die ein winziges Baby halten, total niedlich, und ich wollte sie eigentlich erst hier zuhause behalten, habe mich dann aber doch umentschieden. Ich habe dann alles auf sein Grab gelegt, noch eine Blume dazu, zwei Kerzen angezündet, dann stand ich davor. Plötzlich kam ein Sonnenstrahl durch die Bäume, der genau auf dieses winzige Baby fiel, und es leuchtete richtig. Das blieb ein oder zwei Minuten so, dann war der Strahl wieder weg.

Es kann natürlich Zufall sein, aber es ist schon seltsam, daß so ein Strahl genau diese kleine Stelle trifft und genau in dem Moment. Und ich hatte schon öfter solche Erlebnisse, wenn ich bei Adrian war. Vielleicht will er mir zeigen, daß er sich mit mir immer noch genauso verbunden fühlt wie ich mich mit ihm.

Montag, 8. Juni 2009

Der erste im Knast

Tja, nun ist es passiert, und ich habe den ersten zu einer Freiheitsstrafe verurteilen lassen, ohne Bewährung, und auch noch mein eigener Fall, den ich selbst angeklagt habe. Vier Jahre und drei Monate hat er bekommen, sogar noch mehr als ich beantragt hatte, ich bin wohl doch noch zu nett gg. In meiner rechtlichen Würdigung der Sache habe ich von Gericht ein wenig was auf den Hut bekommen, oh ja, es gibt noch viel zu lernen. Ein sonderbares Gefühl ist es schon, so einen Antrag zu stellen, obwohl der Kandidat heute es zweifellos verdient hatte. Aber es wird bestimmt nicht der letzte Antrag dieser Art sein, und vermutlich gewöhnt man sich mit der Zeit daran.

Ansonsten merke ich die Erhöhung des Dezernates schon, insbesondere aber auch die Vertretung die ich jetzt machen muß, das hatte ich ja vorher nicht. Letzten Monat ist es mir nochmal gelungen, meinen Aktenbestand ein gutes Stück zu reduzieren, das soll natürlich gerne so weitergehen, zumindest aber nicht wieder anwachsen. Ich werde mir alle Mühe geben.

Zuhause ist im Moment weniger Geheule, vielleicht ist mal wieder eine Phase um. In den letzten Tagen haben die beiden sogar mal miteinander gespielt, das kommt auch selten vor. Die Kleine ist begeistert, wenn die Große sich mal zu ihr herabläßt. Aber ansonsten ist sie zu der Ärmsten (Großen) ganz schön zickig und ärgert sie, wo sie nur kann. Ob ich wohl auch mal so gemein zu meinen Geschwistern war? Kann ich mir ja nicht vorstellen.

Freitag, 5. Juni 2009

Heulbojen-Alarm

Du liebe Zeit, heute morgen wären mir fast die Ohren abgefallen. Erst hat die Große die Kleine geärgert, so richtig mit diesem Ausdruck in den Augen, den wohl nur ältere Geschwister drauf haben, wenn sie es den Kleinen mal zeigen wollen. Also großes Geheule von der Kleinen. Danach habe ich dann die Große geärgert, indem ich festgestellt habe, daß ihre Socken total zerlöchert sind und sie diese doch bitte dem Müll übergeben sollte. Das hatte dann großes Geheule von der Großen zur Folge, weil dieses nun just ihre Lieblingssocken waren, die ich gemeine Rabenmutter da entsorgt haben wollte. Die Kleine, die sich gerade an mein Bein geklammert so halbwegs wieder beruhigt hatte, fing vor lauter Schreck oder auch Solidarität gleich wieder an mitzuheulen. Ich war jedenfalls nicht unglücklich, daß dann Abfahrtszeit war, also die Kinder abgeliefert und in mein traumhaft ruhiges Büro gefahren. Arbeiten kann ja so entspannend sein.

Gestern allerdings habe ich mit einem ehemaligen Kollegen (also ein Anwalt, der aber nicht gerade eine Zierde dieses Berufsstandes ist) telefoniert, und das war schon ziemlich nervig, weil er praktisch schon statt einer Begrüßung mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde drohte, weil ich nicht so wollte wie er. Ich habe mir dann erstmal von einem (jetzigen) Kollegen die Bestätigung geholt, daß er das bei jedem so versucht und ich letztlich alles richtig gemacht habe. Also habe ich nur einen ausführlichen Vermerk in die Akte aufgenommen und harre jetzt der Dinge, die da kommen werden. Aber nervig ist so etwas schon, und ich verstehe nicht, weshalb man nicht normal miteinander reden kann. Immerhin ist ja nicht er der mutmaßliche Täter, sondern sein Mandant. Von dem hoffe ich nun jedenfalls sehr, daß er auch verurteilt wird.

Ich merke schon, daß ich jetzt noch mal ein ganzes Stück mehr Akten habe als vorher, das kommt allerdings mehr durch die Vertretung als durch mein neues Dezernat. Dieses Wochenende habe ich mir seit längerem mal wieder was mit hierher genommen. Schade, daß ich das dortige Programm nicht auch hier als Heimarbeitsplatz habe, das wäre enorm praktisch. Einige Klausuren muß ich auch noch korrigieren, und ab Juli geht einiges an Unterricht los. Es ist also mal wieder nicht langweilig, aber wann ist es das hier schon? Ich würde mich gerne mal wieder so richtig langweilen.

Dienstag, 2. Juni 2009

Leichter Sonnenbrand

Was war das für ein unglaubliches Wetter über Pfingsten. So viel Sonne auf einmal hatte ich schon lange nicht mehr, und es tat sehr gut, so viel draußen zu sein. Frank ist ja in Toronto, und ich bin mit den beiden Mädchen bei der legendären Pfingst-Fahrradtour mitgefahren, die ja bezeichnenderweise eigentlich ein Ereignis seiner Familie ist. Es war aber sehr schön und hat viel Spaß gemacht. Begonnen hat das Ganze mit einem Fahrradgepäckträger, der entweder kaputt oder falsch angebaut war, jedenfalls hing das Fahrrad sehr schief auf dem Autodach und wurde zum Glück von einem netten Nachbarn von Franks Mutter auf andere Weise befestigt, so daß wir es trotzdem mitnehmen konnten.

Von der Großen habe ich nach einer kurzen Eingewöhnungszeit praktisch nichts mehr gesehen. Sie war immer vorneweg, und ich war sehr beeindruckt, wie gut sie mitgehalten hat mit ihrem Fahrrad. Immerhin haben wir etliche Kilometer abgerissen. Die Kleine hing wie immer sehr an mir dran und hat jedem, der es hören wollte oder nicht, laut verkündet, daß ich ihre Mami bin. Die Picknicks haben ihr aber sehr gut gefallen, lauter erfreuliches Essen um sie rum. Auch auf zwei der mitfahrenden Herren hatte sie sich irgendwie eingeschossen, die durften ihr tatsächlich mal einen Blick zu werfen. Insgesamt war es aber wesentlich weniger stressig, als ich es befürchtet hatte, wenn ich mit den beiden alleine unterwegs bin, was auch daran lag, daß mir alle geholfen haben, wenn es notwendig wurde. Am Ende hat mir sogar noch mein Nachbar völlig unaufgefordert das Fahrrad wieder vom Auto abgebaut (na ja, vielleicht hat die Große ihn auch darauf angesprochen gg). Ein bißchen war es sogar wie ein Kurzurlaub bei so viel Sonne und frischer Luft und eben dem besagten leichten Sonnenbrand.

Heute war nun mein erster Tag mit einer dreiviertel Stelle, einen großen Unterschied konnte ich allerdings bisher noch nicht feststellen. Ein paar Akten mehr waren es, die ich mir allerdings selbst von meinem Vorgänger abgeholt habe, aber nichts dramatisches. Besuch hatte ich gleich von zwei Polizisten, einer davon einer meiner Studenten, der andere brachte einen Schreckschuß-Revolver mit, den wir für das gerade laufende Gerichtsverfahren brauchen. Er erklärte mir das dann noch alles näher, so langsam werde ich Profi in Waffen- und Drogen-Angelegenheiten. Für morgen habe ich einen Zeugen zur staatsanwaltlichen Vernehmung geladen. Hoffentlich kommt er dann auch endlich mal, das ist schon der 3. Versuch. Aber dieses Mal habe ich mit ihm telefoniert und bin daher optimistisch, daß es klappt.