Freitag, 4. September 2009

Abenteuer Betriebsausflug

Man sollte ja nicht meinen, daß man bei einer Behörde tatsächlich abenteuerliche Dinge erleben kann. Aber ein an sich harmloser Betriebsausflug nach Sylt kann wirklich eine aufregende Sache sein.

Es ging morgens mit dem Zug vom Hauptbahnhof los, das Wetter war leider nicht sehr vielversprechend, so daß einige gar nicht erst erschienen. Das war wiederum gar nicht so schlecht, weil wir sonst nie alle in eine winzige Nord-Ostseebahn gepaßt hätten. So aber bekamen wir unser Lunchpaket (und später noch einige Lunchpakete mehr, die mußten ja weg) und konnten ganz gemütlich erst nach Husum und von da aus weiter nach Sylt fahren, offenbar sogar ohne daß jemand beim Umsteigen verloren gegangen wäre. Auf Sylt hatte man verschiedene Unternehmungen buchen können. Die Fahrradtouren waren allerdings aufgrund des Wetters schon wieder abgesagt worden, und ich hatte mich für eine längere Wanderung, angeführt vom Behördenleiter, entschieden. Während der Zugfahrt stellte sich dann heraus, daß alle, die auch diese Wanderung "gebucht" hatten, nicht mitgekommen waren, so daß ich mit dem Chef ganz alleine gewesen wäre. Das ist zwar ein netter Mann, aber die Vorstellung fand ich dann doch ein wenig eigenartig. Er schaffte es aber, noch einige andere zu überreden, so daß wir immer fünf Personen waren, die sich in Keitum bei Regen tapfer auf den Weg machten, die Insel zu erkunden. Alle anderen wollten nach Westerland fahren und sich dort vermutlich in warme und trockene Lokale verziehen. Weicheier kann ich nur sagen gg!

Der Regen kam zunächst von hinten, so daß ich dort schön gleichmäßig naß war. Dann waren wir Kaffee trinken und hatten eine Phase wunderschönen Sonnenscheins, bei der wir alle wieder trockneten. Als wir das geschafft hatten, kam der nächste, ziemlich kräftige Schauer, diesmal aufgrund unseres zwischenzeitlichen Richtungswechsels von vorne, so daß ich gerechterweise nun auch dort durchnäßt war. Das einzige, was während des ganzen Tages übrigens nicht mehr trocknete, waren meine Schuhe. Es war trotzdem eine tolle Wanderung, und die Insel gefällt mir sehr gut, ich war ja noch nie da. Die Mitwanderer waren sehr nett, und wir haben uns gut unterhalten. Eine kleine Kirche haben wir uns angesehen und viele wunderschöne Strohdachhäuser mit Bauerngärten und das alles vermutlich in einer Preisklasse, die einem die Tränen in die Augen treibt.

Am Ende Wanderung kamen wir in Wenningstedt am Strand an, wo nach und nach auch die anderen alle eintrudelten, weil es Spiele am Strand geben sollte. Ich ließ mich überreden, bei einem der Teams mitzumachen und dann auch noch für meine Teamkollegen eine Scharade aufzuführen, die sie zum Glück innerhalb weniger Sekunden errieten. Es fing immer wieder an zu regnen, aber man konnte sich in Strandkörbe verkriechen. Es wird mir aber ewig schleierhaft bleiben, wie man bei Windstärke 6 einen Frisbee gezielt irgendwo hinwerfen können soll. Ich lernte auch noch einige Kollegen kennen, teilweise stellten wir fest, daß wir schon telefoniert oder gemailt hatten, und die Stimmung war trotz des Wetters sehr gut. Schließlich landete ich mit einigen anderen noch für eine Weile in einem Café, die waren dann aber alles aus meiner Abteilung.

Der abenteuerlichere Teil begann dann mit der Rückfahrt. Wir wollten mit dem Bus nach Westerland fahren und dort in Zug steigen. Zuerst fanden wir die Bushaltestelle nicht, weil wir uns alle nicht auskannten, konnten uns aber durchfragen. Daß es schon wieder in Strömen regnete, registrierten wir kaum noch, wir hatten uns wohl schon daran gewöhnt. In Westerland angekommen, trafen wir auf dem Weg zum Bahnhof einige Kollegen, die uns erzählten, daß heute kein Zug mehr fahren würde. Auf dem Hindenburgdamm war ein LKW vom Autoreisezug geweht worden und müßte noch geborgen werden. Kollegin Meike und ich überlegten sofort, in welchem Wellness-Hotel wir uns über Nacht einmieten könnten, gingen dann aber doch erstmal zum Bahnhof, um die Lage zu überblicken. Dort wurden wir vom Chef wiederum alle auf den Bahnsteig gescheucht, es sollte jetzt doch ein Zug fahren, und zwar in drei Minuten. Also nichts wie hin.

Nach vier Stunden Zugverkehr-Totalausfall war dieser Zug gerammelt voll, und wir standen wie die Ölsardinen in den Gängen. Abwechslung gab es immerhin dadurch, daß wir neben dem Zugbegleiter unterkamen und seine Gespräche mit der Fahrdienstleitung mithören konnten. Dabei erwähnte er unter anderem, daß es ihm scheißegal wäre, was die Fahrdienstleitung meine und schließlich er und nicht sie diese ganzen Fahrgäste auf der Pelle hätte, um unmittelbar danach eine sehr freundliche Durchsage zu starten, mit der er uns begrüßte und seine Freude darüber zum Ausdruck brachte, daß wir alle mit der Deutschen Bahn reisen würden. Ich bin ziemlich sicher, daß der arme Mann sich noch gestern abend für mindestens eine Woche krank gemeldet hat.

Immerhin kamen wir irgendwann in Husum an, ziemlich genau zwei Minuten, nachdem unser Anschlußzug weggefahren war. Uns wurde mitgeteilt, daß die Nord-Ostseebahn grundsätzlich nicht auf andere Züge warten würde, auf diese Information hatten wir alle gewartet. Der nächste Zug sollte eine Stunde später gehen. Erwähnte ich, daß ich noch immer nasse Füße hatte und diese nach den vielen Fußmärschen des Tages auch langsam weh taten? Jedenfalls nutzten wir die Zeit, um einen heißen Kaffee zu trinken und dann zum Bahnhof zurück zu hetzen, damit wir wenigstens nicht den nächsten Zug versäumen. Als dieser dann auch schon zwei Minuten Verspätung hatte, erschien plötzlich auf der Anzeigetafel die Nachricht, daß der Zug ausfallen würde. Ob so etwas tatsächlich erst dann bekannt wird, wenn der Zug eigentlich abfahren sollte? Das wäre mal interessant zu wissen. Jedenfalls versicherte uns eine Bahnmitarbeiterin, daß der nächste Zug, wieder eine Stunde später- auf jeden Fall fahren würde. Daraufhin haben fünf weitere Kollegen und ich uns ein Taxi gesucht, einen vernünftigen Preis ausgehandelt und uns nachhause fahren lassen.

Die Autofahrt war dann einigermaßen ereignislos. Wir ließen uns erstmal bei einem Imbiß mit einem großen M vorbeibringen, um ein wenig Wegzehrung aufzunehmen. Der Fahrer mußte dann auch noch tanken, und wir saßen immer noch ein wenig wie die Ölsardinen. Spannend war es wieder, als der Fahrer in eine ziemlich kleine dunkle Straße einbog, woraufhin wir überlegten, ob er uns vielleicht an seine Bandenmitglieder verkaufen wollte. Wir machten ihn zur Sicherheit auf unseren Beruf aufmerksam, Ralf regte an, doch wenigstens die Männer frei zu lassen, aber er fuhr dann doch nur auf die Bundesstraße Richtung Autobahn, und eine Stunde später waren wir alle wohl behalten wieder hier. Ich ließ mich von ihm hinterher direkt hierher bringen, und mit mir allein fragte er dann etwas schüchtern, ob wir den wirklich von der Staatsanwaltschaft wären. Der gute Mann muß jetzt einen etwas seltsamen Eindruck von unserem Berufsstand haben. Ich gönnte mir eine heiße Dusche, war danach endlich einmal an diesem Tag trocken und fiel ins Bett. Meine Füße schmerzen heute aber immer noch.

Obwohl ich ja sonst freitags nicht arbeite, war ich heute im Büro, und es war sehr witzig. Wir schlichen da alle müde und k.o. herum, aber die Stimmung war total klasse, die Teerunde (der Abteilungsleiter hat allerdings auch Urlaub) außerordentlich lustig, und damit ist das Ziel eines Betriebsausflugs doch wohl erreicht. Wir haben sogar schon überlegt, ob wir nicht von der Bahn unser Geld zurückfordern und den Ausflug wiederholen können.

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