Montag, 14. Mai 2012

Wenn ich heute meinen Job beschreiben sollte...

Dann würde ich sagen, daß es sich um eine Mischung aus Telefonseelsorge und Rechtsberatung handelt. Der Schwerpunkt liegt mal mehr auf dem einen, mal mehr auf dem anderen. Heute gab es jedenfalls lauter merkwürdige Anrufe:

Als erstes meldet sich einer meiner Beschuldigten, dem ich eine Abschrift der gegen ihn gerichteten Strafanzeige zur Stellungnahme geschickt habe. Ob ich ihn denn vielleicht anklagen wollte? Ich erkläre ihm, daß ich das noch nicht weiß, weil die Ermittlungen schließlich noch nicht beendet sind. Aber ich müßte doch wissen, daß diese Strafanzeige total aus der Luft gegriffen ist, warum ich die Ermittlungen überhaupt aufgenommen hätte? Ich bemühe mich, ihm zu erklären, daß ich dazu verpflichtet bin, wenn ich Strafanzeigen bekomme und kann ihn dazu überreden, doch erstmal eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Auf die bin ich schon gespannt...aber man merkte sehr deutlich, daß der arme Mann sich sehr unverstanden fühlte.

Nächster Anruf von einer Polizeistation: eine alte Dame ist auf eine Schafweide gegangen (wieso auch immer...) und von einem Schafbock angefallen und nicht ungefährlich verletzt worden, sie liegt noch im Krankenhaus und ist nicht ansprechbar. Ich werde gefragt, ob gegen den Halter des Schafbocks jetzt ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet werden soll. Ich überlege, wenn das so wäre, dürfte man praktisch keine Tiere mehr auf den Weiden geben, das Risiko für die Halter wäre viel zu groß. Und wozu sind schließlich die Zäune da? Also nein, kein Ermittlungsverfahren, bevor wir nicht wissen, ob der Zaun in Ordnung war und was die Frau dort eigentlich wollte.

Zwischendurch eine Blutprobe, ein Imsi-Catcher und zwei Anrufe einer Referendarin aus einer Verhandlung, das war direkt was normales.

Der letzte Anruf des Tages gibt mir dann schließlich den Rest. Ein Mann ruft an und fängt an, ohne Pause auf mich einzureden. Name und genaues Anliegen ist nicht zu verstehen. Angeblich hat er irgendwo ein Schild gesehen, auf dem "Tötet Nazis" steht und meint, daß dies wohl gegen die Menschenrechte verstoßen würde. Während ich noch überlege, ob man ihn nun auf der Seite einordnen muß, erzählt er mir von Bekanntschaften auf allen politischen Ebenen, die er schon gemacht hat, seiner Flucht aus dem Osten (den Zeitraum kann ich dem leider nicht entnehmen), seiner Absicht, eigentlich gerade Tomaten pflanzen zu wollen, seinem Disput mit der örtlichen Polizeistation, die offenbar seine Strafanzeige gegen wen auch immer nicht entgegen nehmen wollte und noch so allerlei anderes, was ich mir nicht merken konnte. Geschickt, wie ich bin, verweise ich ihn an unsere Dezernentin für politische Angelegenheiten. Diese ruft mich wenige Minuten später leicht entnervt an, was ich ihr denn für einen aufgedrückt hätte. Einen Sachverhalt habe sie nicht aus ihm rausbekommen und auf die Frage, wo er denn wohne, habe er mit "Fachklinik..." geantwortet. Alles klar! Aber offenbar hat sie es geschafft, das Gespräch elegant zu beenden.

Dann ist zum Glück Schluß für heute, und ich verlasse fluchtartig das Büro. Ich weiß aber nicht, ob es morgen viel besser wird. Ich habe vier Gerichtstermine, dann sitze ich denen auch noch von Angesicht zu Angesicht gegenüber ;-).

3 Kommentare:

Nadine hat gesagt…

kicher...ist ja fast wie bei mir ;o)
Ich hatte gestern das Vergnügen mit einer Dame mittleren Alters zu telefonieren, die mir berichtete, dass sie dringend einen Termin bräuchte, weil ihr Staubsauger ohne Punkt und Komma reden würde. Es wäre nicht mehr auszuhalten, er würde noch nicht mal für eine Minute ruhig sein...es stellte sich heraus, dass sie eigentlich eine Praxis mit ähnlich klingender Fachrichtung (Neurologie/Psychiatrie) sprechen wollte.
Leider konnte ich nicht herausfinden, ob sie nun vom Redeschwall des Staubsaugers an sich genervt war oder vom Gesprächsthema...

Spock hat gesagt…

Vielleicht sollte ich es auch mal mit Staubsaugen probieren gg.

Frau Kaufhauscop hat gesagt…

Liebe Frau Spock,

ihr Job ist äußerst interessant ;)

Gerne würde ich wissen, wie es mit der Schafbockdame weiterging.

Der arme Schafbock....

*gg*

Liebgruß