Nach meiner Rückkehr von der Wohlfühlwoche erwarten mich in meinem Büro nicht nur der übliche Stapel Akten, sondern auch noch ein größerer Packen Terminshandakten für heute. Mein eigener Fall, nämlich "mein" Intensivtäter, um den es gehen sollte, wird nicht verhandelt, wie ich eine lapidare Mitteilung vorfinde, als Ersatz habe ich aber dafür sämtliche anderen Sitzungen dieses Richters für heute bekommen. Na wie schön, endlich mal wieder auf den Boden der Tatsachen mit Dieben, Körperverletzern und Betrügern...immerhin bekomme ich noch einen Anruf, daß auch der letzte Termin aufgehoben worden ist.
Aber zumindest gibt es Cappuccino vorher. Und angenehme Gesellschaft dabei in Form von Rechtsanwalt Sportlich, der die erste Angeklagte verteidigt. Wir unterhalten uns nett bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er seiner Mandantin ansichtig wird ;-). Aber dieses Spiel kenne ich natürlich schon. Er läuft zur Hochform auf, drückt kräftig auf die Tränendrüse angesichts der Tatsache, daß seine Mandantin immer an die falschen Männer gerät und zudem noch im Rollstuhl sitzt. Ich lasse mich erweichen, und es gibt eine Geldstrafe "auf Bewährung". Hoffentlich hält sie sich von schrägen Typen fern.
Danach kommt eine Bosnierin, die seit etwa drei Jahren in Deutschland lebt und seitdem ununterbrochen Straftaten begeht. Aber sie will jetzt damit aufhören, wie erfreulich...seit langem mal wieder beantrage ich eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Klappt zwar nicht, es gibt Bewährung, aber zumindest hat sie sich bei meinem Antrag mal kräftig erschrocken. Und ich gehe stark davon aus, daß die Bewährung in spätestens 3 Monaten ohnehin widerrufen werden wird.
Dann kommt der Betrüger. Wobei es sich hierbei mal wieder um einen der Fälle handelt, bei denen der Geschädigte derart blauäugig ist, daß man dem Angeklagter fast schon nachsehen muß, daß er das ausgenutzt hat. Aber zum Glück muß ich mir darüber gar keine Gedanken machen. Der Angeklagte wird nämlich in Handfesseln vorgeführt. Ach, der sitzt in Haft? Gut zu wissen...zwei Jahre hat er etwa eh noch zu verbüßen, aus den Straftaten heute müßten wir eine neue Gesamtstrafe basteln, also Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf die zwei Haftstrafen, mit denen er gerade beschäftigt ist.
Das geht alles so schnell, daß ich hinterher unvermutet zwei Stunden Zeit habe, die ich in der Kantine absitze, zunächst mit einem Buch (und da weiß ich doch auch wieder, weshalb ich immer jede Menge Bücher auf meinem Handy dabei hab), später plaudernd mit einem "meiner" Richter, mit denen ich sonst zu tun habe und der außerordentlich nett ist. Ich gönne mir ein Mittagessen, und dann geht es weiter.
Ein Uralt-Fall, der aus verschiedenen Gründen so alt werden konnte. Wir sind innerhalb einer Viertelstunde fertig, weil wir das alles gegen eine Geldauflage einstellen. Und dafür sitze ich dann da so lange rum...der Richter ist übrigens erstaunlich unkommunikativ, was mir nach meinem Seminar natürlich besonders auffällt. Nicht nur, daß er die ganze Zeit in den Akten blättert und niemanden auch nur ansieht, er sieht sich auch nicht veranlaßt, Fragen zu stellen, so daß ich das dann mehr oder weniger notgedrungen tue. Nach Ende der Verhandlung verschwindet er geradezu blitzartig.
Also mal wieder ein ganz normaler Tag mit ganz normalen Straftaten. Ist ja auch mal eine hübsche Abwechslung. Noch mehr Abwechslung wird es heute Abend geben, wenn Frau Spock voraussichtlich auf eine fast schon erschreckende Weise der Seriösität anheim fallen wird. Aber dieses Thema wäre schon fast Stoff für einen eigenen Blog...
Ein neues Abenteuer
vor 7 Jahren
1 Kommentar:
Heute Abend? - neugierig bin!
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