Aber halt, nicht was hier jetzt wieder einige denken. Nicht irgendwelche Bekannte, die müssen schon bestimmte Qualitäten haben. Insbesondere wäre es schön, wenn meine neuen Freunde im Besitz einer Rolex oder etwas gleichwertigem wären, die sie mir dann geben, damit ich sie für sie auf einer allseits bekannten Internet-Plattform verkaufen kann. Das Geld gebe ich ihnen dann natürlich hinterher wieder, in bar, oder ich schicke es per Post, wie man das eben so macht. Das habe ich nämlich heute gelernt, daß das so läuft (woran wir erkennen, daß dieses nicht nur ein lehrreicher Blog ist, sondern ich auch in jede Menge lehrreicher Gerichtsverhandlungen darf). Und so an die 100 Bekannte, die einem ihre Rolex überlassen, hat man doch eigentlich, oder?
Es war wieder einer der lustigeren Tage heute, und ich denke, wenn einige meiner Angeklagten ihre Energie, die sie auf das Erfinden von Geschichten verwenden, irgendwie sinnvoll einsetzen würden, könnte man die Welt verändern. Der heutige Angeklagte erschien in Begleitung seines Verteidigers, Rechtsanwalt Man-muß-schon-sehr-genau-hinhören, der mir mehrfach versicherte, daß ich seinem Mandanten eine Steuerhinterziehung nach dieser Einlassung doch erst einmal nachweisen müßte. Meinen Einwand, daß ich eine 6-stellige Summe auf dem Konto sowie Dutzende von Internet-Auktionen auf seinen Namen Beweis genug fände und ich schon bessere Schutzbehauptungen gehört hätte, wollte er nicht so recht gelten lassen. Auf die Frage, weshalb im übrigen in seiner Wohnung 42 plagiierte Uhren gefunden worden wären, wurde mir mitgeteilt, daß er diese sammeln würde...schon klar.
Aber ich bin ja hartnäckig und versuche, dem Angeklagten die Namen zumindest eines Teils seiner Freunde zu entlocken, soll mir ja niemand nachsagen, ich würde nicht versuchen, die Wahrheit zu ermitteln. Man verspricht mir die Namen, wenn ich seine Freunde nicht behellige. Leider fällt die Aussage als Zeuge vor Gericht unter Behelligen, so daß er es sich mit den Namen wieder anders überlegt und statt dessen meint "Na gut, dann war ich es eben." Sehr schade, daß unsere obersten Gerichte auch an ein Geständnis seit einer Weile den Anspruch stellen, daß es glaubhaft ist, sonst wäre ich sofort aufgesprungen, um zu plädieren. Leider sind weder der Richter noch ich überzeugt.
Wir schicken Angeklagten nebst Rechtsanwalt Man-muß-schon-sehr-genau-hinhören raus, um die Sache mit dem Geständnis noch einmal zu überdenken und im Idealfall zu präzisieren. Während der Wartezeit denken der Richter (im Moment habe ich alle Verhandlungen bei ihm) und ich darüber nach, ob es an uns liegt, daß wir in letzter Zeit nur seltsame Gestalten im Gerichtssaal sitzen haben oder ob das Zufall ist. Wir einigen uns auf Zufall, es kann nicht sein, daß wir eine Tendenz haben, solche Leute anzuziehen.
Kurz darauf kommen beide zurück, und Rechtsanwalt Man-muß-schon-sehr-genau-hinhören verliest mit zarter Stimme ein Geständnis, das man mit sehr viel gutem Willen als solches gelten lassen könnte. Dann geht es um die Frage des steuerlichen Gewinns, wir wollen ihm ja gerne zubilligen, daß er gewisse Aufwendungen für den Einkauf der Uhren hatte. Der Angeklagte erzählt uns was von etwa 500,- pro Uhr, wird aber von seinem Verteidiger schleunigst mit den Worten "Doch wohl mindestens 1000,-, eher 2000,-" überboten (ich frage mich die ganze Zeit, ob das nicht auch irgendeinen Straftatbestand darstellt, aber wenn ich ehrlich bin, will ich es lieber doch nicht wissen...). Daraufhin verliert jedenfalls auch dieses Geständnis an Wirkung, und es gibt -wer hätte das gedacht- eine Fortsetzung, um die tatsächlichen Zahlen zu ermitteln. Ich bin schon gespannt, welche Geschichten uns dann noch aufgetischt werden.
Hinterher habe ich noch eine Verhandlung, von der ich immer noch nicht weiß, wie ich eigentlich an sie gekommen bin. Die Akte lag plötzlich auf meinem Tisch. Aber gut, im Zweifel verhandele ich alles...der Angeklagte ist so erschreckend normal, legt ein erschreckend plausibles Geständnis ab und bereut seine Tat in beeindruckender Art und Weise, so daß ich mich sofort zu einer Einstellung des Verfahrens überreden lasse. Vielleicht hätte ich die Normalität lieber noch ein wenig auskosten sollen...
Mein Kleingeld reicht mal wieder nicht aus, um das Parkhaus zu bezahlen, so daß ich mich spontan entschließe, im Gericht Mittag zu essen (dies ist ja die Luxus-Version mit Kantine), um dann hinterher frohen Mutes einen Aktenberg vom Posteingang in den Postausgang zu verfrachten, darunter die Beschwerdeschrift meiner Nemesis (und ich hatte schon Hoffnung geschöpft, daß sie die Frist versäumt) sowie ihres Gegenspielers...aber nun hab ich erstmal Wochenende!
Ein neues Abenteuer
vor 7 Jahren
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